Manche Fotojobs entwickeln eine unerwartete Dynamik… Diesmal sollte ich einen wunderschönen, alten Mercedes W111 mit seinem Besitzer fotografieren. Klingt einfach, aber dann stellt sich heraus, dass kein Redakteur anwesend sein würde. Die Anwesenheit eines Redakteurs ist immer hilfreich, weil eine helfende Hand mehr am Set enorm viel ausmacht. "OK...", dachte ich, "...Portraits, Details des Wagens, Foto von beiden... alles kein Problem. Licht alleine herumschleppen kann ich auch noch." Da ich nicht nur statische Aufnahmen haben wollte, haben wir noch ein paar Mitzieher gemacht. Auf dem platten Land bei Grevenbroich war das entspannt durchführbar. Aber ein paar Car-to-Car-Motive sollten es dann doch sein, schließlich mussten 3 Doppelseiten bebildert werden. Ich war mit meinem Altbenz vor Ort (Ehrensache) und musste nur noch einen Fahrer finden, der mich in gleichbleibendem Abstand zum zu fotografierenden Mercedes halten würde.
Car-to-Car?
Zum Glück war Sandra, die aparte Freundin von Ralf, dem Besitzer mit dabei. Sie, die es gewohnt war, noch ältere Autos als meinen zu pilotieren, zögerte: "Kann ich den denn fahren?" Natürlich konnte sie, sehr gut sogar. In meinem Kofferraum stapelte sich allerlei nützliches Fotografenequipement und ich beschloss deshalb anstatt mit geöffneter Heckklappe hinten raus die James-Bond-Variante zu wählen: Hinausgebeugt aus dem offenen Rückfenster. Der winzige Fleck Sonne am Firmament, der in ein paar Minuten wieder verdeckt sein würde, gab mir mit meiner schnellen Entscheidung Recht. Wir fuhren los. Ich fotografierte wunderschöne Fahraufnahmen eines großartigen Autos, lehnte mich noch ein Stückchen weiter hinaus. Meine Fahrerin steuerte den Wagen perfekt auf Spur und in der richtigen Geschwindigkeit. Ich lehnte mich noch ein Stückchen heraus. Die noch etwas herausstehende Fensterscheibe gab mir am Bauch Halt und die Kamera lief heiss. "Noch ein Stückchen näher!", rief ich der Fahrerin zu. Sie zog ein wenig rüber, die Sonne brach sich perfekt im Lack des Mercedes. Bevor ich diesen Moment einfangen konnte, knackte es laut! Mein Oberkörper sackte zehn Zentimeter in die Tiefe, es schepperte, die Fensterscheibe glitt durch den Sicherheitsstift in die Autotür zurück und rutschte bis unten durch. "Schade", dachte ich, hielt die Kamera weiter im Anschlag und fotografierte. Meine Gedärme konnte ich später noch bemitleiden, Fotos gehen immer vor.
Dem Tapferen gehört das Glück...
Nach den Fotos hielten wir an und ich hatte Zeit den Schaden zu begutachten. Kopfschüttelnd ging ich alle Telefonate durch, die ich würde unternehmen müssen, um das Fenster wieder an die Stelle zu befördern, an die es gehörte. Ich rechnete durch, was es mich kosten würde. Alles in allem machte ich keinen sehr glücklichen Eindruck, schätze ich. Ralf, der Besitzer des fotografierten Mercedes, seinen Benz ja über 20 Jahre selbst betreut hat, meinte lakonisch: "Das haben wir gleich". 20 Minuten später fuhr mein Fenster wieder schön elektrisch auf und ab. Doppelter Dank an Ralf und Sandra!
Lehre daraus? Altbenz schonen und zukünftig nur noch Mietwagen nehmen. Oder so.